11th Splash Tag 2 (2. Update)

Basislager - Heute Nacht hat es nicht Mal zu einem kurzen Kommentar gereicht. Nach Jay-Z habe ich mich heim gequält und bin praktisch ins Bett gefallen. Doch heute kann ich berichten, wie das zweite deutsche Konzert des Jigger war!

Da er aber nicht der erste Künstler des Abends war, sei der geneigte Leser bemüht sich noch zu gedulden - erst kommen ein paar Andere dran.

Der erste Act, den wir uns gegeben haben waren "Das Bo", die verdammt früh dran waren. Ihre beste Zeit haben die Hamburger Jungs einfach hinter sich gelassen und waren nie so erfolgreich, als das sie den Altstar-Bonus einsacken könnten. Trotzdem waren ihre Songs gut und die Stimmung sehr angenehm. Hübscher Partyrap.
Das Bo auf'm Splash! 2008

Nach diesem kurzen Intermezzo sind wir wieder zum Zeltplatz, wo gegrillt wurde um den Magen auf Bier und die Beine aufs Stehen vorzubereiten.


Der eigentliche Abend begann dann für uns mit den "Jungs aus dem Reihenhaus". Genau wie bei "Das Bo" handelt es sich dabei um Partymusik, bei der die Leute einfach schön mitwippen konnten und ne gute Zeit hatten.
Direkt nach diesem Auftakt wurden die Zuschauer in zwei Gruppen geteilt (das gute alte "Linke Seite gegen Rechte Seite"-Spiel) wir durften "Was ich lieb!" grölen, während die auf der Linken Seite "Was ich hass!" riefen.
Wer es jetzt noch nicht erkannt hat - Blumentopf heißt die Band, der wir lauschen durften.
Snoop Dogg auch dieses Jahr auf dem Splash! Festival

Unser angestammtes Plätzchen rechts hinten ist im Laufe des Tages übrigens schön getrocknet, der Matsch des Vortages bildete bizarre Muste aus Reifenspuren, Fußabdrücken und banalen Bodenwellen. Hier und da hatte sich eine fiese Pfütze behauptet und wartete nur auf einen Unbedarften, der durch läuft.

Nach dem zweiten Song wurde kurz freestyle gerapt bis der junge Mann auf der Bühne bemerkte, dass es ja noch gar nicht Zeit für das Freestyle war. Schöne Einlage!

Etwas später war es dann so weit und jeder von den Jungs konnte ein paar Verse kicken. Schön eingebaut wurden z.B. der Bungee-Jumping-Kran oder das Wetter.

Vorm nächsten Song bekamen wir dann eine typische Szene aus dem Blumentopf-Tourbus vorgespielt, die darin gipfelt, dass der Song "Horst" startet.

Absolutes Highlight des Auftritts ist dann aber "Die City schläft" - nicht nur, weil der Song mit Text und Melodie extrem schön ist und einem manchmal die Tränen in die Augen treiben will.
Mitten im Lied bleibt der gesamte Topf einfach stehen. Minutenlang ist kein Ton zu hören und die Kameraleute können nur minimale Bewegungen der Künstler einfangen. Alles ist auf Standbild!


Kurze Überraschung weicht totaler Bewunderung, als die Jungs das länger aushalten, als man für möglich hält. Wirklich ganz große Klasse!

Mit dem abschließenden Song "Da geht noch mehr!!" kommt auch die Sonne kurz zurück und taucht Bühne wie Publikum in einen goldenen Schauer.
Etwas anderes Statement: Save a virgin - do me instead

Dass die Crowd nicht genug von Blumentopf bekommen kann zeigte sich kurz danach in Sprechchören,
welche der Moderator so zu beruhigen suchte:
"Jaaaa gebts mir! Sagt 'FICK DEN STEIGER!'"
 "FICK DEN STEIGER!!"
"Sagt 'FICK DEN STEIGER!'"
 "FICK DEN STEIGER!!"
"Und weil nicht ich es bin, sondern die Uhr, sagt: 'FICK DIE UHR!'"
 "FICK DEN STEIGER!!"

 


Der dritte Act, den wir uns gaben war "Culcha Candela", die wohl die größten Umbauten an der Bühne vornehmen ließen, die während des Festivals notwendig waren. Das DJ-Pult wurde zu einem silbernen... Topf mit einer Vielzahl quadratischer Aussparungen und im Hintergrund fand sich etwa ein halbes Dutzend weißer Säulen aus Stoff ein.
Die Truppe erschien dann zu fast gregorianischen Klängen in dichten Nebenschwaden als ob Mönche in Regenbogenfarben zur Morgenandacht schlurfen. Das Synchrone blieb dann auch ihr Thema und wurde immer wieder aufgegriffen.
Der bunte Haufen bespielte uns mit reinrassigem Dancehall - einschließlich der häufigen Erwähnung des ach so schlimmen Babylon und den erhobenen linken Fäusten gegen... whatever.
Obwohl ich mich für diese Sachen nur selten erwärmen kann, muss ich sagen, dass es absolute Partymusik war und sie die Menge an diesem Abend am Besten mitnahmen.

Hoch rechne ich der Combo ihr Engagement an, dass sie über die erhobenen Fäuste hinweg zeigten. Ein Lied, welches durch seine politische Message deutlich aus den Texten der meisten anderen Künstler des Abends herausstach begann so:
"Singt: Sooooo"
 "SOOOOO"
"Singt: Sooooolaaaa"
 "SOOOOOlAAAA"
"Singt: Sooooo"
 "SOOOOO"
"Singt: Sooooolaaaa"
 "SOOOOOlAAAA"
"Singt: Sooooolaaaarenergie!"
 "SOOOOOlAAAARENERGIE"

Das ganze Lied war ein Lob auf die Zukunft mit erneuerbaren Energien. Das rechne ich jeder Band hoch an und finde es prima, dass positive Entwicklungen so unterstützt werden.
Unterstützung ist dann auch gleich das richtige Wort für ein zweites Sozialprojekt der Band. Sie erzählten uns von einer CD, die sie mit anderen Künstlern aufgenommen haben, deren Erlöse zum Bau einer Schule in Uganda eingesetzt wird.
Auch der dritte soziale Aufruf kam dann sehr glaubwürdig herüber. Auch Culcha Candela wies auf das Projekt "Viva con Agua" hin. Wie auch schon andere Bands vor ihnen riefen sie die Leute auf, ihre leeren Becher in dafür vorgesehene Tonnen zu werfen und damit auf ihren Pfand zu verzichten. Dieser wird wiederum dem Projekt gespendet, welches vom Geld Brunnen in der dritten Welt bohrt.

Auf der Entertainment-Ebene haben die Jungs auch viel zu bieten gehabt und uns als nächstes Mal in ein paar Aufwärmübungen geschickt. Stretching nach Rechts, Stretching nach Links. Jetzt alle ganz nach Unten. In die Knie, ganz langsam. Unten bleiben, Spannung halten! Ich habe mich - im Gegensatz zu Anderen - nich dazu hinreißen lassen, aufzustehen und ein Foto von den hockenden Massen zu schießen - mal sehen, ob man im Netz was findet.
Als wir dann wieder standen meinte der Sänger: "Wer will mit Culcha Candela spazieren gehen!?" - allgemeines Grölen.
"Dann lasst uns gemeinsam ein paar Schritte nach..." - Absprache ohne Mikro, ich warte gespannt auf welche symbolische Reise wir gehen.
"Die Security sagt nach Rechts."
Unt tatsächlich - mit dem einsetzenden Beat und der entsprechenden Aufforderung gehen wir alle ein paar Schritte nach Rechts. Dann zurück nach Links und wieder Rechts. Ich schaue mich in der wabernden Menschenmasse nach meinen Leuten um und bin ganz froh, sie immer noch links hinter mir zu sehen, obwohl sich vor mir Einiges verändert hat.
Die ganze Aktion war ein riesiger Spaß und auch auf der Bühne nahm man es mit Humor: "Jetzt mal Applaus für diejenigen, die Culcha Candela nicht mögen und trotzdem noch da sind - scheint ja ganz gut zu sein!"
Ebenfalls mit Humor nahmen die Jungs eine Attacke mit Eiern ("Der Kameramann macht sich heute Abend Omlette."). Schon relativ zu Begin sind an mir drei Typen vorbeigelaufen - einer mit einer Pappe (ein "Transparent") und einer mit einer Packung Eier. Die eigentliche Aktion konnte ich dann aber nicht sehen.
Also auch diese Sache konnte der Stimmung keinen Dämpfer verpassen und steht absolut nicht für die Stimmung im Publikum - die war so gut, dass sich eine Polonaise bildete, die sich singend durch die Reihen der Zuschauer schob und auch direkt vor uns vorbeikam (und einen meiner Nachbarn mitnahm).

Das vorletzte Lied war dann "Ein besonderer Tag". Und vor dem letzten Song kam die Frage: "Gibt es eigentlich mehr männliche oder weibliche Splash-Besucher?" - man sollte wissen, dass die Frage schon mehrfach sehr Testosteron-orientiert beantwortet wurde. Wir Männer sind lauter und mehr.
Nicht so bei Culcha Candela! Das waren definitiv mehr Frauen, oder zumindest waren die Mädels lauter, was den Mann auf der Bühne auch zu einer kurzen Überleitung zum Abschlusssong animierte: "Die Splash-Ladies sind einfach... HAMMER!".
Bei dem Lied waren alle in der Luft und der Refrain kam aus tausenden Stimmen. Grandios!



Jetzt hieß es ein letztes Mal Kraft (aka Bier) tanken, da es schon deutlich wurde, dass man den Platz weit vorn in der Menge nicht mehr so leicht erreichen würde. Trotzdem - der Durst war stärker.
Als Shaggy dann auf die Bühne trat wurde schnell deutlich, dass in der letzten halben Stunde sowohl Bass als auch Lautstärke noch Mal aufgedreht wurden. Der Bass vibriert nun sehr deutlich im Brustkorb und sogar im Schädel spüre ich das Wummern und Höre es nicht nur.
Beim Song "Mr. Boombastic" umweht mich dann das Gras meiner Nachbarn - nur nur direkt rechts von mir, sondern auch zwei Leute weiter links und etwa einen halben Meter hinter mir glimmt der Joint. Meine Nachbarn stimmen sich offensichtlich auf den Reagge ein.
Schön fand ich den Remix von "In the summertime" - ein wahrer Klassiker. Das kann man mittlerweile auch von Shaggy sagen, der mittlerweile nicht nur ein Doppelkinn sondern auch einige graue Haare durch die Gegend trägt.
Auch er spielt mit uns das "Linke Seite gegen rechte Seite"-Spiel, während ich eigentlich nur noch Weed atmen kann - Sauerstoff ist irgendwie Mangelware geworden und der süßliche Geruch erinnert mich immer mehr an Rasen auf dem Komposthaufen...
Bei seinen Klassikern "You're my angel" und "Strength of a woman" zeigt uns Shaggy, dass er nicht nur mit seiner Augenbraue wirklich komische Mimik erreichen kann, sondern auch einen Hüftschwung ohne Gleichen hat.
Bei "It wasn't me" singen wir wieder alle mit.
Zu diesem Zeitpunkt kann man immer stärker beobachten, wie sich Einzelne und kleine Gruppen nach vorn kämpfen. Wo zu Blumentopf noch ein halber Meter Platz in alle Richtungen war, stehen wir jetzt so dicht, dass man noch etwa 10 Zentimeter Platz um sich herum hat. Auffällig ist die Körpergröße der Drängler - alles Basketball-Prototypen über 200 cm oder Sumo-Fanatiker um die 200 kg.

Dann kurz vor Schluss verabschiedet sich Shaggy und geht, samt Band, von der Bühne. Ich wundere mich noch, da tritt irgend ein Typ auf die Bühne und meint, wir sollten Shaggy feiern, wenn wir noch einen Song von ihm wollen. Natürlich springt die Menge darauf an und Shaggy gibt eine "Zugabe", die ihm erlaubt trotzdem 5 Minuten vor Plan zu gehen.
Das fand ich dann doch ziemlich lächerlich...



Die Frage, ob wir noch Mal kurz aus der Menge gehen stellt sich nun nicht mehr. Es sind noch 30 Minuten Zeit, bis der Jigga auftritt und die Menge wird noch enger zusammengedrückt. Ich habe jetzt keinen Platz mehr um mich - mein Nachbar hat seinen Ellenbogen an meiner Seite, ich spüren einen fremden Atem im Nacken und vor mir sehe ich nur noch Köpfe - ein paar von den Basketballtypen haben sich offensichtlich auch vor uns aufgebaut.
Die halbe Stunde wird lang und länger, da meine Beine um die Uhrzeit schon ordentlich schmerzen - ich stand schon ein paar Stunden darauf herum und bin viel gesprungen.

Wir grübeln noch darüber, ob er denn pünktlich ist, wo er jetzt bei einem Konzertveranstalter arbeitet, als es schon los geht. Ein paar Typen kommen auf die Bühne und werden begrüßt, als wären sie der Jigga selbst. Doch der lässt uns noch eine halbe Minute warten, ehe er mit "The Roc Boys are in the house" den passenden Song performt.
Die Stimmung ist unglaublich - überall um uns herum hüpft es, schreit es, singt es mit und auch ich fühle mich klasse - das ist der Moment, warum ich hier bin. Das hier ist was Besonderes. HOVA ist da, nach vielen Jahren ohne Deutschlandbesuch und erst zum zweiten Mal überhaupt.

Beim nachfolgenden "99 problems" ist dann wirklich alles vorbei - die Menge fängt so intensiv mit Springen an, dass es mich an das Pogen anderer Subkulturen errinnert! Der Typ rechts vor mir ist so weg, dass er mir mit dem Ellenbogen fast auf den Kopf schlägt. Nur mit hartnäckiger Armarbeit kann ich mir so viel Platz bewahren, dass ich nicht getroffen werde.

Jay-Z ruft jetzt seinen Supporter auf die Bühne - Memphis Bleek. Leider haben die beiden keine ihrer gemeinsamen Songs gespielt.

Das nächste Stück ist dann "Rehab" - ja, der Song von Amy 'Ich brauch mehr Crack' Whinehouse. Jay Z rappt auf die Melodie und es passt einfach total krass.
Anschließend bekommen wir "Dirt off your shoulder" und mein neuer bester Freund (rechts vorn, Ellenbogen - ihr erinnert euch?) sing inbrünstig mit und wir wischen uns gegenseitig den Dreck von der Schulter, während wir die Refrain mit voller Kraft schreien. Sehr sehr cool.

Dann ist es wieder Zeit für das "Linke Seite gegen rechte Seite"-Spiel - dieses Mal mit "Jigger what?!" - "Jigger who?!". Auf diesesn Song folgt "H to the IZZO", bevor wieder ein Remix dran ist - dieses Mal mit dem "Punjabi MC", was mich überraschte. Der Jigga kennt den Typ nicht nur, der Sprechgesang aus Brooklyn passt auch prima zu den Rhythmen aus Punjab!

 


 

An der Stellen kommen wieder Songs aus dem eigenen Portfolio - "Show me what you got" und "Girls". Dem großen Mann auf der Bühne funkeln tausende Diamonds entgegen - naja... zumindest haben wir unsere Hände erhoben, Handflächen zu ihm, die Daumen bilden eine Linie und die Zeigefinger berühren sich auch, der Diamond ist Jiggas Symbol. Es folgt ein letzter Abstecher in die Welt der Remixes, bei welchem Rhiannas "Umbrella" aus den tausenden Kehlen des Publikums schmettert und Jay nur ein paar wenige Verse kickt. Leicht verdientes Geld ;-)

Mit der Bitte doch irgendetwa in der Luft zu schwingen kommt Jay zu seinem Kracher "Big Pimpin'" und schließt mit "Encore" ab.

Schön fand ich, dass er dann noch ein paar Worte für die Fans fand. Er meinte in etwa "Ich sehe dich da im grünen Shirt. und auch das Mädel in gelb hab ich gesehen. Und du hier vorn bist gut abgegangen." - ob er sowas wirklich bemerkt hat kann man schlecht sagen. Nett war es trotzdem. Geil fand ich den Spruch, dass er es zwar überall sagt, es aber ehrlich meint, wenn er sagt, dass wir ein tolles Publikum waren. ;-)

Dass es ihm auch Spaß gemacht haben könnte mache ich daran fest, dass er auf dem Weg nach draußen noch ganz verspielt an den Saiten der E-Gitarre eines Bandmitglieds zupft.

Den Abschluss für meinen Tag bildete dann der lange, schlurfende Gruppenmarsch raus aus dem Gelände und zum Auto, bevor es endlich ins Bett ging...

 

This article was updated on 27 Dezember 2008